Beim Wesermarathon

Einige Mitglieder des KCH waren beim Wesermarathon…..

Samstag morgen, der Wecker klingelt zur normalen Zeit. Ein Fehler? Nein, denn im Flur stapeln sich diverse Taschen und Tüten, gefüllt mit Kanuklamotten, Zelt, Schlafsack und allem, was man für eine mehrwöchige Expedition braucht. Kurze Fahrt zum Park-and-Ride Parkplatz, und nach Umladen in Josefs Auto geht es los. Ich geniesse mal nicht selbst fahren zu müssen, und im MP3-Player nimmt Herbert von Karajan gerade das Neujahrkonzert 1987 so ernsthaft und gekonnt, das man glatt vergißt, welcher unsägliche holländische Geiger mit Haartolle sonst den armen Strauß verwurstet. Trotzdem bleibt es Gute-Laune-Musik, und zusammen mit dem strahlenden Sonnenschein steigt auch die Stimmung. Die mit mir auf den hinteren Plätzen mitreisende Vereinsjugend hört auf ihren MP3 Playern sicher etwas anderes – kein Wunder, das beide schnell eingeschlafen sind. Auf der Autobahn wirbt ein Schild für eine 24h geöffnete Spielhalle. Manche Leute haben seltsame Hobbys.

Bad-Sooden Allendorf empfängt uns mit Nebel, rasch holen wir die Boote vom Dach, ziehen uns um und stürzen uns mit zahlreichen anderen Kanuten ins Getümmel am Stadtwehr. Manche Kanuten brauchen so früh im Jahr noch etwas Gedächtnisstütze in der Bedienung eines Bootes: "Heinz, mach erst die Spritzdecke zu". Keine schlechte Idee im etwas unruhigen Wasser des Wehrauslaufs. Kaum auf dem Wasser reißt der Nebel auf und es wird ein perfekter Paddeltag.

Angekommen am Bootshaus des KC Witzenhausen die nächste erfreuliche Überraschung: Freundliche Helfer packen mit an beim Herausholen der Boote, dirigieren den Ansturm auf Wiese und Parkplatz mit ruhiger Gelassenheit und Effizienz. Dazu ein organisierter Busdienst für das Nachholen der Autos. An dieser Stelle noch mal ein herzlichen Dank an den KC Witzenhausen.

Nach Ankunft in Hannoversch-Münden quartieren wir uns auf dem Campingplatz ein und bereiten alles für die Nacht vor. Sogar frisch gebackener Kuchen gehört zum Nachmittagskaffee, den wir lesend oder dösend in der Sonne genießen. Später spazieren wir durch den Ort, der Dank seiner zahlreichen, gut erhaltenen Fachwerkhäuser immer wieder eine Reise Wert ist. Da wir am nächsten Morgen früh aufbrechen wollen, beenden wir den Tag sehr pünktlich. Die aufziehende Kälte und Dunkelheit erleichtern das ganze erheblich.

Am nächsten Morgen – der Wecker klingelt wieder zur üblichen Zeit – ist das Thermometer auf etwa 5 Grad gefallen, die gefühlte Temperatur liegt eher um den Gefrierpunkt. Das Frühstück erinnert mich an die morgendlichen Szenen am Bahnhof auf dem Weg zur Arbeit: Eine Tasse Kaffee in der Hand, von einem auf das andere Bein tretend und die freie Hand in der Tasche vergraben. Das Abbauen der Zelte und das Umziehen geht bei den Temperaturen mit Rekordgeschwindigkeit vonstatten, so daß wir gegen 7:00 Uhr auf dem Wasser sind und erstmal etwas Geschwindigkeit machen, um warm zu werden.

Die Sonne löst gerade den Morgennebel auf dem Wasser auf, ein vor mir fahrender Kanadier, im Streiflicht erleuchtet, könnte auch von Trappern in Kanada gefahren werden. Die Landschaft ist ähnlich weit und einsam, sicher trägt aber auch die Kopfbedeckung der Paddler und die Indianerbootähnliche Form des Kanadiers zu der Illusion bei. Mit steigendem Sonnenstand steigen auch die Temperaturen. Kurz hinter Ödelsheim überholt uns ein 4er Ruderboot, mit 4 jungen Frauen im Bikini. Mir erscheint es dafür doch noch etwas zu kühl, aber der männliche Teil der mitreisenden Vereinsjugend denkt kurzfristig über einen Wechsel der Sportart nach.

In Gieselwerder haben wir "schon" die Hälfte der Strecke geschafft, und unterbrechen die Fahrt zur Rast. Hier ist inzwischen einer der zahlreichen Rastplätze für Wasserwanderer zu finden, die entlang der ganzen Weser eingerichtet wurden. Dank des bequemen Schwimmsteges ist man schnell aus dem Boot heraus, und ein paar Meter stadteinwärts findet man nicht nur Toiletten, sondern auch einen Bäcker für Brötchen und Kaffee. So gestärkt geht es auf dem zweiten Teil der Strecke, der Dank der Weserströmung und des guten Wetters ohne wesentliche Qual vorangeht. Zugegebenermaßen ist unser Sitzfleisch aber doch froh, als das Bootshaus in Beverungen hinter einer Flußbiegung auftaucht. Unser Shuttlebunny ist auch gerade eingetroffen, wir beeilen uns die Boote aufs Dach zu packen und sind pünktlich auf der Heimreise. Die Vereinsjugend schläft natürlich wieder trotz Musikberieselung auf der Rückfahrt.

Fazit: Ein perfektes Paddelwochenende – muß man sich nicht jedes Wochenende antun, aber Wiederholung ist eigentlich vorprogrammiert.