Noord-Hollands unbekannte Kanäle
Jedes Jahr stellt sich nicht nur im KCH die Frage nach dem Ziel der mehrtägigen Vereinstour auf’s Neue. Abwechslungsreich, spannend, paddlerisch interessant, aber auch vielseitig für Aktivitäten abseits des Wassers soll es sein. Da gibt es prinzipiell fast immer zwei Möglichkeiten: entweder auf bewährte Ziele, die bekannt sind zurück zu greifen, denn da weiß man, was man hat oder Neuland zu entdecken. Für den KCH hat sich über die Jahre eine Kombination aus beidem als ideale Lösung herausgestellt. War im letzten Jahr die Sauer mit dem Standlager in Bollendorf ein bekanntes Ziel, so stellte sich natürlich die Frage nach der Paddeldestination für 2023. Erste Überlegungen gingen schnell in Richtung Holland, zumal ja die Jahre zuvor gewisse Einschränkungen vorherrschten, was mehrtägige Vereinsaktivitäten und insbesondere Ziele im Ausland bisweilen unmöglich machte. Holland war in der Vergangenheit schon einmal auf dem Programm und alle waren seinerzeit durchweg begeistert.
Als dann ein Vereinsmitglied sich ein Ferienhaus in einer Freizeitanlage gekauft hat, wurden die Pläne konkreter. Ziel könnte also Andijk sein. An… wo? Nie gehört. Schnell stellte sich heraus, dass Andijk ein kleines Städtchen in Noord-Holland ist und sich direkt am Ijsselmeer befindet. Da müsste doch paddeltechnisch etwas möglich sein. Das Ijsselmeer schied allerdings recht schnell als Kanugewässer aus, denn durch die geringe Wassertiefe ist es sehr windanfällig, was zu unangenehmen Wellen führt. Schließlich sollte die Vereinsfahrt ja für alle machbar und entspannend sein. Im Herbst des Vorjahres wurde von einem kleinen Vortrupp erstmal die neue Parzelle in Augenschein genommen und festgestellt, dass sich auf dem Gelände auch der Campingplatz Dijk en Meer mit einem weitläufigen Gelände, jedoch einfachen Sanitäranlagen befindet. Die Stellplätze sind immer in Gruppen durch hohe Hecken abgetrennt und als Rezeption wird ein ausgedienter Straßenbahnwagen aus Wien genutzt. Auch die Umgebung ist mit kleinen Städtchen, wie Medemblik, Enkhuizen und Horn recht ansehnlich und attraktiv. Selbst bei ungünstigem Wetter ließe sich ein gewisses Alternativprogramm realisieren.
Blieb aber immer noch die Frage der paddelteschnischen Möglichkeiten. Hier ergab eine Recherche im Internet, aber auch das Hinzuziehen niederländischer Paddelfachliteratur, dass es in diesem Landesteil überraschend gute Möglichkeiten gibt. Noord-Holland ist von vielen kleinen Wasserläufen und Kanälen durchzogen. Diese sind oft untereinander verbunden, da eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Einheimischen aus Wassersport, vorwiegend mit Motor- bzw. Segelbooten besteht. Je intensiver die Nachforschungen ausfielen, desto attraktivere Möglichkeiten taten sich auf.
Somit war das Ziel der diesjährigen mehrtägigen Vereinsfahrt gefunden: Andijk.
Anscheinend hat das auch den Geschmack der Vereinsmitglieder getroffen, denn ca. 20 Personen meldeten sich an. Aufgrund der Tatsache, dass das lange Wochenende über Fronleichnahm als Termin gewählt wurde, konnten jedoch nicht alle Interessierten mitkommen. Bekanntlicherweise hatten die Halterner Schulen dieses Jahr an dem betreffenden Freitag bedauerlicherweise keinen Brückentag.
Am Mittwoch vor Fronleichnahm ging es los und die meisten reisten im Laufe des Tages an. Selbst die Anreise war ein Erlabnis, führte sie doch über den ca. 26 km langen Houtribdijk, welcher das Ijsselmeer vom Markermeer trennt.
Aufgrund der Reservierung als Gruppe standen für uns zwei gegenüberliegende Bereiche auf dem Campingplatz zur Verfügung, die nur durch den Weg getrennt waren, so dass ein gewisses Wagenburggefühl aufkam.
Einziger Nachteil war, dass die Kanutouren nicht am Campingplatz beginnen bzw. enden konnten und es sich hauptsächlich um stehende Gewässer handelte. Dementsprechend hoch war der Anteil von Zweierkajaks. Also ging es zur ersten Paddeltour zunächst an die Boot Helling Andijk, einem Parkplatz mit Slipanlage und Bootssteg.
Dies war die ideale Einsatzstelle in den Kanal DeKadijk. Letzterer führte durch Felder in die Stadt Enkhuizen, durch die man auf verschiedenen Wasserwegen mit dem Kanu fahren kann. Wurden zunächst die Außenbezirke durchpaddelt, ging es schließlich durch das Stadttor in die Altstadt.
Auffallend war, dass sich in Holland an jedem Haus ein Boot befand, sei es Segel- oder Motorboot, Kanu bzw. SUP Board. Als nächstes füherte der Wasserweg die Kanuten entlang der Wallanlagen im Süden heraus aus der Stadt sowie erneut durch Felder.
Bald erreichte man über den Kanal DeTocht die Ortschaft Grootebroek. Dort gibt es eine typisch holländische Windmühle, an der sich ein Kanuanleger befindet. Hier wurde eine Pause eingelegt, zumal unmittelbar an der Windmühle ein gemütliches Cafe liegt.
Lecker Appeltaart met Slagroom (Apfelkuchen mit Schlagsahne) stellte eine willkommene Stärkung dar. Weiter ging es dann durch Lutjebroek zurück zur Einsatzstelle. Insgesamt war die ca. 17 km lange Rundtour ohne jede Umtragung und durch den Wechsel von Natur und Ortschaften sehr abwechslungsreich. Der Bootsverkehr hielt sich sehr in Grenzen, was daran liegen kann, dass wir unter der Woche unterwegs waren. Lediglich der Wind hat an den offenen Feldern den ein oder anderen Kanuten vor gewisse konditionelle Herausforderungen gestellt.
Zurück am Campingplatz wurde der Abend in der lokalen Gastronomie auskligen gelassen.
Der nächste Tag brachte einen Paddelausflug in das Wormer-en Jisperveld. Dieses liegt ca. eine dreiviertel Stunde südlich unseres Standquartieres. Höhepunkt war der Besuch den riesigen Paddelladens Arjan Bloem, dessen Stege auch als Ausgangspunkt dienten. Zunächst ging es über DePoel gegen den Wind in Richtung Jisp und dann durch viele kleine Wasserwege auf einem Rundkurs zurück zum Ausgangspunkt. Unterwegs fällt die Orientierung durch ein von den Fahrradrouten bekanntes holländisches Knotenpunktsystem recht leicht, was uns jedoch nicht davon abhielt in eine durch landwirtschaftlichen Geruch geprägte Sachgasse zu paddeln.
Zurück auf dem richtigen Paddelweg war die ca. 16 km lange Runde ohne jegliche Umtragung schnell abgeschlossen.
Der Abend wurde zu der traditionellen langen Grilltafel genutzt.
Da am dritten Tag das Wochenende gekommen war, wurden sowohl der Campingplatz, als auch die Wasserwege belebter. Die Abschlußkanutour startete in Wewershof an der Boot Helling am Stadion. Dort sind ebenfalls sehr gute infrastrukturelle Voraussetzungen in Form einer Slipanlage, eines Stegs und vieler Parkplätze vorhanden. Führte der Kurs zunächst durch den Ort, so stand als besonderer Höhepunkt ein Aquädukt an. Man paddelte in einem kleinen Kanal über einen anderen Kanal.
Weiter ging es über das Groote Vliet, vorbei am Niederländischen Dampfmaschinenmuseum durch den Ort Medemblik, ehe ganz in der Nähe des Schlosses ein Pause eingelegt und ins Schlosskaffee eingekehrt wurde.
Nach einem Blick auf das an diesem Tag sehr aufgewühlte Ijsselmeer und den Hafen von Medemblik trat die Gruppe paddlerisch den Rückweg an.
Auch an diesem Tag wurde wieder der Grill angemacht und noch lange gemütlich beisammen gesessen.
Langsam neigte sich die diesjahrige Vereinsfahrt nach Andijk dem Ende entgegen. Das Paddelreivier war den meisten Vereinsmitgliedern bisher gänzlich unbekannt, da es abseits der typischen, niederländischen Paddeldestinationen liegt. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb war es spannend und abwechslungsreich. Dazu trugen natürlich auch die sommerlich warmen Wetterverhältnisse mit relativ wenig Wind bei. Alles in Allem eine gelungene und interessante Vereinsfahrt.
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