Harte Arbeit, das Paradies und ein Fürstbischof: Vereinsfahrt 2017
Mittwoch: Anreise
Die Anreise nach Meppen ist erfreulich kurz und trotz verlängertem Wochenende ohne Stau. Kurz vorher geht mein Handy kaputt, und damit auch mein Navigationssystem. Der Campingplatz ist aber leicht zu finden, er liegt stadtnah an der Ems, leider sind seine Vorteile damit auch schon erschöpfend aufgezählt. Aber als Kanute ist man ja Kummer gewohnt. Immerhin viel Platz für unsere Wagen und schöne alte Bäume.
Donnerstag: Ems
Zum Frühstück ist genug Zeit, wir müssen noch auf ein paar Nachzügler warten. Dann geht es emsaufwärts bis Geeste, an der Brücke der Dalumerstraße setzen wir ein. Die Ems fließt – nein, bewegt sich mit norddeutscher Gelassenheit der Nordsee entgegen. Jeder Flußkilometer will hart erarbeitet sein. Dafür entschädigt eine einsame Landschaft mit nur gelegentlichen Zeichen der Zivilisation. Auch die beiden Umtragestellen sind durchaus sportlich, ein Bootswagen funktioniert im hohen Gras nicht. Das Abendessen bei einem Griechen in Meppen ist auf jeden Fall verdient.
Freitag: Schloß Clemenswerth
Wir haben heute einen Termin für einen Audienz bei unserem Landesherrn, Clemens August von Bayern, erhalten. Clemens August ist nicht nur Erzbischof von Köln und damit gleichzeitig Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches, sondern auch Landesherr der Nebenländer Recklinghausen und Westfalen. Standesgemäß hatte er sich ein Jagdschloß in der Nähe von Meppen bauen lassen. Damals gehörte das Amt Meppen noch zum Fürstbistum Münster.
Dank meines defekten Handys müssen wir Schloß Clemenswerth ähnlich wie Clemens August ohne Navigationssystem finden. Das ist zwar heutzutage etwas ungewohnt aber problemlos machbar. Die spätbarocke Anlage ist achteckig aufgebaut und besteht aus einem mittleren Hauptschloß und acht umliegenden Nebengebäuden. Das eigentliche Schloss ist ein zentraler, achteckiger Pavillon, auf die acht Alleen sternfömig zulaufen. Der Eintritt kann nicht nur in Cölnischer Mark, sondern auch in Euronen errichtet werden.
Nachdem wir uns zunächst in den Pavillons die Schloßkapelle und das Emslandmuseum angeschaut haben, empfängt uns der Hausherr für eine Besichtigung des Schlosses. Wir dürfen uns nicht nur den Festsaal, sondern auch Arbeitszimmer und Privatgemächer anschauen. Gerne zeigt er uns die Besonderheit des Festsaals: Steht man genau in der Mitte sieht man durch alle Fenster nur die Landschaft, keine Gebäude, und wähnt sich in freier Natur. Er verschweigt auch die Nachteile nicht: Das Essen bei Festen muß über freies Gelände gebracht werden, und darf natürlich nicht kalt werden. Dazu sei gutes Personal immer schwieriger zu bekommen. Ich versuche ihn zu trösten und erzähle von meiner erfolglosen Suche nach neuen Mitarbeitern, und das in vollklimatisierten Räumen. Clemens August scheint in gedrückter Stimmung, er vertraut uns an daß die Kosten der Landesverteidigung immer mehr steigen würden, obwohl er schon ein Frau zum Verteidigungsminister gemacht habe. Die sollte doch eigentlich mit Geld umgehen können. Sie denke aber mehr an ihre Karriere als an das Wohl des Landes. Außerdem habe ihm ein vorwitziger, vermutlich bayrischer Handwerker in sein Deckenfries im Schlafgemach einige Hunde geformt, die Wölfe verbellen. Auf mein erstauntes Gesicht erklärt er mir das sei ein im Barock bekanntes Symbol und solle ihn immer daran erinnern als Landesherr die Grenze zu sichern und das Gebiet zu befrieden. Erfreut zeigt er sich über unsere Geschicklichkeit im Gehen mit Filzüberschuhen. Meine Lebensgefährtin erklärt ihm daß das an unserer Vertrautheit mit lateinamerikanischen Tänzen liege. Dabei müsse man „schlurfen“ und dürfe die Füße nicht heben. Die Tänze möchte er sofort bei Hofe einführen, leider muß ich ihm erklären das Rumba und Cha-Cha-Cha erst in etwa 150 Jahren entwickelt würden und auch leider sein Gefühl für Schicklichkeit verletzen dürften.
Auf dem Weg zurück überqueren wir mehrmals die Norderradde, einen hübschen Kleinfluß, der leider auch keine Strömung erkennen läßt. Ob daher der Eintrag in einem bekannten sozialen Netzwerk stimmt, der von „flotter Strömung“ am heutigen Tag auf der Hase berichtet, ist unklar. Wahrscheinlich „fake news“ wie der gesamte Bericht über den heutigen Tag.
Samstag: Das Paradies an der Ems
Heute ist unser Motto nicht weniger als „Auf in’s Paradies“. Nur in das „Borkener“ Paradies“ an der Ems, aber immerhin. Wir setzen am Campingplatz ein und fahren flußabwärts. Ems und Dortmund-Ems-Kanal teilen sich hier das Bett, und im Kanalpaddeln fühlen wir uns ja schon herkunftsbedingt zu Hause. Nach wenigen Kilometern biegen wir in eine Altarm ab, der sich herrlich einsam in Richtung „Borkener Paradies“ windet. Sonne, leichter Wind, Seerosen auf dem Wasser und zahlreiche Wasservögel machen das Paddeln zum Genuß. An der Umtragestelle finden wir einen bequemer Rastplatz für Fahrradwanderer. Leider muß man auch das schönste Paradies wieder verlassen werden, die letzten Kilometer auf dem Dortmund-Ems-Kanal sind – ebenso wie der Ausstieg an der Hünteler Schleuse – erneut harte Arbeit. Dafür entschädigen Kaffee und Kuchen in Lottas Café direkt am Ausstieg.
Mein Fazit: Das Emsland ist sicher eine Reise wert, man sollte aber besser Fahrräder als Kanus im Gepäck haben.
Cölnische Mark: etwa 234g Silber
Literatur: Bernd Köster: Clemenswerth – Eine geschichtliche Heimatnovelle. Als Ebook hier
Danke an Andreas für die schönen Bilder der Paddeltouren!
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